Ein Jahrhundert im Bild: Die Chronistin der High Society hinterlässt ein einzigartiges fotografisches Erbe
Salzburg, Mai 2025 – Sie war mehr als nur eine talentierte Fotografin – Fürstin Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn, liebevoll „Mamarazza“ genannt, prägte fast ein ganzes Jahrhundert der Porträtfotografie. Am vergangenen Sonntag starb sie im Alter von 105 Jahren, wie ihre Familie bestätigte.
Geboren 1919 in Salzburg als Mitglied der Adelsfamilie Mayr-Melnhof und Nachfahrin von Kaiserin Maria Theresia, entdeckte sie früh ihre Leidenschaft für die Fotografie. Bereits mit neun Jahren hielt sie erstmals eine Kamera in der Hand – eine Liebe, die sie ein Leben lang begleitete. Ihr künstlerischer Weg führte sie zunächst zum Studium nach München, doch ihr wahres Atelier war die Welt der internationalen High Society.
Mit Herz und Haltung: Die „Mamarazza“ mit besonderem Zugang
Es war Prinzessin Caroline von Monaco, die ihr den Spitznamen „Mamarazza“ verlieh – eine Anspielung auf „Paparazzi“, allerdings ohne deren heimliches Vorgehen. Denn Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn fotografierte nicht aus dem Verborgenen. Sie war Teil der Gesellschaft, die sie ablichtete. Ihr Zugang beruhte auf Vertrauen, Diskretion und echter Zuneigung zu ihren Motiven. „Ich habe meine Freunde stets als Freunde und Freundinnen fotografiert“, sagte sie einmal.
In ihrem Fokus standen Persönlichkeiten wie Sean Connery, Andy Warhol, Gunther Sachs, Romy Schneider, Ira von Fürstenberg, aber auch Politiker, Künstler, Königsfamilien und prominente Gäste der Salzburger Festspiele, wo sie jahrzehntelang zu Hause war.
Ein visuelles Gedächtnis der Eleganz
Über die Jahrzehnte entstand ein Archiv aus Zehntausenden von Aufnahmen – Momentaufnahmen, die den Glanz vergangener Zeiten bewahren und zugleich dokumentarische Zeitzeugnisse sind. Viele ihrer Werke wurden international ausgestellt, etwa in New York oder Wien, und veröffentlicht in zahlreichen Bildbänden, darunter die bekannte „Sayn-Wittgenstein Collection“.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1962 war sie mit Ludwig Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn verheiratet. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Die Fürstin erlebte 20 Enkel, über 30 Urenkel – und fotografierte sogar ihren Ur-Ur-Enkel.
Ein Leben für die Kunst – und für die Begegnung
Gastfreundschaft war für sie ebenso selbstverständlich wie ihre Kamera. Ihr Haus wurde zu einem Treffpunkt für Künstler, Politiker und Kulturschaffende. Bei Wildgulasch und feinen Weinen wurde nicht nur gefeiert, sondern auch Geschichte geschrieben – oftmals im Schatten ihrer Linse.
Ihr Erbe bleibt
Ihre Persönlichkeit, ihre Eleganz und ihre Werke hinterlassen Spuren weit über ihren Tod hinaus. Fürstin Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn hat mit ihrer Kamera eine Welt festgehalten, die im Wandel begriffen ist – und dabei stets Würde und Stil bewahrt.
Ihre Fotografien sind mehr als Bilder – sie sind ein Jahrhundert Zeitgeschichte durch das Auge einer außergewöhnlichen Frau.