Es ist ein medizinischer Befund, der für Schlagzeilen sorgt – und ein ernüchterndes Schlaglicht auf eine Volkskrankheit wirft: Bei Ex-US-Präsident Joe Biden wurde Prostatakrebs diagnostiziert. Doch so häufig die Krankheit ist, so trügerisch ist der Eindruck von harmloser Früherkennung und guter Heilbarkeit. Denn Prostatakrebs ist oft lange Zeit ein blinder Passagier – bis es zu spät ist.
Trügerische Ruhe im Frühstadium
Laut Deutscher Krebsgesellschaft handelt es sich bei Prostatakrebs um einen bösartigen Tumor der Vorsteherdrüse, der in Deutschland die häufigste Krebsdiagnose bei Männern darstellt. Besonders perfide: Im Frühstadium fehlen in der Regel jegliche Beschwerden. Die Krankheit entwickelt sich schleichend – und gerade deshalb wird sie häufig unterschätzt.
Einziger möglicher Hinweis ist ein erhöhter PSA-Wert im Blut. Doch selbst dieser ist alles andere als zuverlässig: Sport, Sex oder Radfahren können den Wert ebenfalls ansteigen lassen. Die Folge: Falsche Hoffnungen oder unnötige Beunruhigung. Eine klare Diagnostik sieht anders aus.
Was, wenn es zu spät ist?
Wenn der Krebs wächst und die Harnröhre erreicht oder sogar bereits Metastasen im Skelettsystem gebildet hat, treten erstmals Symptome auf – darunter nächtlicher Harndrang, Erektionsprobleme, Blut im Urin oder Schmerzen beim Ejakulieren. In diesem Stadium ist der Tumor jedoch längst nicht mehr harmlos – auch wenn die Statistik Hoffnung machen will.
Die Liste der Warnzeichen liest sich wie eine Checkliste für das, was Männer am liebsten ignorieren. Und genau das ist Teil des Problems: Mangelnde Früherkennung, verharmloste Symptome, falsche Scham.
Zu optimistische Aussichten?
Immer wieder wird betont, dass die Prognose bei Prostatakrebs „meist gut“ sei – weil der Tumor langsam wachse. Doch das ist ein riskanter Trost. Denn was bedeutet „langsam“, wenn der Krebs trotzdem streut? Oder wenn die Lebensqualität durch aggressive Behandlungen massiv eingeschränkt wird?
Ja, es stimmt: Viele Patienten erhalten die Diagnose frühzeitig. Doch das liegt vor allem an der hohen Zahl von Vorsorgeuntersuchungen – nicht an einem zuverlässigen Frühwarnsystem. Und wer diese Vorsorge versäumt oder sich auf diffuse Symptome verlässt, wird zu oft erst diagnostiziert, wenn die Optionen schrumpfen.
Fazit: Keine Krankheit für Wegschauer
Der Fall Biden ist ein prominentes Beispiel – und ein Weckruf. Prostatakrebs ist nicht laut, aber gefährlich. Die Krankheit tarnt sich, verdrängt sich leicht, wird zu oft spät erkannt und bleibt dennoch ein gesellschaftliches Tabuthema.
Wer glaubt, ein fehlendes Symptom sei ein gutes Zeichen, irrt. Schweigen schützt nicht – es kostet Lebenszeit.